Gila Epshtein, Wiebke Fischer, Luis Kürschner

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Vorwort

Kunstausstellungen, sei es von Museen, Galerien oder sonstigen Institutionen, versetzen die Besucherinnen und Besucher nicht selten in großes Staunen, haben doch die Verantwortlichen offenbar viel „Kreativität“ auf das Finden eines prägnanten Titels verwendet. 

Die Ausstellung der drei Deutschlandstipendiaten Gila Epshtein, Wiebke Fischer und Luis Kürschner trägt den schlichten Titel: „Neue Positionen“. Aber treffender hätte man nicht beschreiben können, was diese Präsentation von neuesten Arbeiten der drei Künstler beinhaltet.

Es ist das zweite Mal nach 2021/22, dass die KunststiftungKunze Stipendiatinnen bzw. Stipendiaten in ihren Kunstraum einlädt, um aktuelle Werke aus ihren Ateliers an das Licht der Öffentlichkeit zu bringen.

Und die Positionen der Künstler? Sie können nicht vielfältiger in Inhalt, Material und Formaten sein. Wieder einmal beweisen junge Talente, dass der künstlerische Ausdruck längst nicht in eine Sackgasse geraten ist. Hier gibt es keine Wiedererkennungseffekte. Die Künstler beweisen, dass sie ihren eigenen Weg gehen, dass sie es verstehen, sich zu artikulieren. Sie vermitteln mit Hilfe des Mediums Kunst ihre Sichtweise auf persönliche wie auf gesellschaftliche Geschehnisse, auf Erfahrungen, Phänomene oder Tagesaktualitäten. 

Da sind die kleinformatigen, mit zarten Acrylfarben auf Holz gemalten Erinnerungen an die Kindheit und Jugend von Gila Epshtein. Sie gibt uns einen ganz persönlichen Einblick in ihre Heimat Israel, indem sie Straßenzüge aus der Umgebung ihres Elternhauses darstellt; unverkennbar dabei die israelische Besonderheit der rot-weißen Bordsteinkanten. Man kann die Gedanken der in der Ukraine geborenen und in Israel aufgewachsenen Künstlerin bei der Motivwahl nur erahnen.

Da sind überproportionale Keramiken, die uns lehren, dass es Insekten sind, die von Mensch oder Natur zerstörtes Umfeld wieder umgehend bevölkern und damit Leben erzeugen, wie Luis Kürschner es anschaulich macht. Er bedient sich dabei nicht nur der Keramik und kleiner Zeichnungen, sondern präsentiert auch einen mit Morsecodes pulsierenden Filmausschnitt aus „Hiroshima mon amour“.

Da sind die in feinster Mal- bzw. Zeichentechnik teils düster geheimnisvollen, teils in hellem Weiß wiedergegebenen Motive, die mechanischen oder auch organischen Ursprungs scheinen, wie Wiebke Fischer sie auf Leinwände oder Papier bringt. Sie fordert die Betrachter ihrer Arbeiten teilweise sehr heraus, ist man doch versucht, den Motivgeheimnissen auf die Spur zu kommen.

Raumgreifende Vielfalt ist also angesagt, wie sie selten im Kunstraum zu sehen war, hat doch Luis Kürschner nicht nur die eigentliche Ausstellungsebene in Beschlag genommen, sondern auch die wohnraumähnlichen Flächen belegt, in denen es sich Glühwürmchen auf Bett und Bügelbrett bequem machen.

Das Résumé: Die diversen Positionen dieser Künstler sind mehr als offensichtlich, aber es gibt  auch einen Aspekt, der sie eint. Sie alle sind von einer hochrangigen Jury mit einem Deutschlandstipendium für ihr individuelles, schon auf hohem Niveau befindliches Schaffen belohnt und für ihre Zukunft motiviert worden. Die KunststiftungKunze wird sich angesichts dieser Qualität an weiteren Stipendien beteiligen.

Perdita Adrian-Kunze
Hans-Peter Kunze

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